Dienstag, 23. Oktober 2007

EJOT Transalp 2007

EJOT TRANSALP CHALLENGE 2007



(CFK) Für viele ist Bergwandern eine reine Plackerei, daß sie gar nicht erst in Betracht ziehen. Bergwandern mit dem Fahrrad, neudeutsch Mountain Bike genannt, ist dann eine Steigerung. Was vor vielleicht 15-20 Jahren begann ist heute eine Massenbewegung geworden. Man schätzt die Anzahl der Transalper mittlerweile auf über 100.000 pro Jahr, womit sie für die Hütten und den Tourismus im Alpenraum schon eine Hausnummer geworden sind. Die Faszination, die von einer Tour ausgeht, die einen an seine physischen Leistungsgrenzen bringt, kann man nur beschreiben wenn man sie selbst erlebt hat. Man weiß aber auch, daß eine solche Anstrengung zunächst einmal Überwindung und dann viel Training braucht.

Losgehen sollte es in Mittenwald und enden in Rovereto. Die Route mußte natürlich schön sein, so daß im „Schweiße des eigenen Angesichts“ wenigstens einige landschaftliche Highlights mitgenommen werden sollten. Dazu boten sich die Dolomiten an. Sie sind spektakulär anzuschauen, nicht so hoch wie die Schweizer oder Westalpen und dank der erbitterten Gefechte österreichischer und italienischer Truppen im 1. Weltkrieg von zahlreichen Militärwegen durchsäumt, die heute als perfekte Wanderwege dienen.

Am 9. August war es dann soweit. Nach kurzer Nacht ging es dann am Freitag morgen auf die erste Etappe, die von Mittenwald über Scharnitz, das Karwendeltal, Plumsjoch, Achensee und Jenbach ins Inntal nach Wattens führte. Nach 102 km und 1805 Höhenmetern erreichten wir abends das Ziel. Duschen, Trikots waschen und Nahrungsaufnahme sind dann die Prioritäten. Ein mitgeführter Kalorienrechner zeigte den Verbrauch von 6000 Kalorien an, die dringend nachgeführt werden mussten. „Essen ohne Reue!“ Entgegen allen Befürchtungen und Wettervorhersagen kamen wir trocken ans Ziel.

Am 2. Tag fuhren wir zunächst das Inntal in westlicher Richtung bis auf Höhe Innsbruck, wo wir in das Brennertal linkerhand am Berg einfuhren. In Höhe Matrei fuhren wir ab ins Tal und bis Steinach auf der Bundesstraße. Von dort dann steil über einen Buckel bis Vinaders bei Gries am Brenner. Dort warteten Spaghetti mit Pfifferlingen auf uns, die uns die Kraft für den Brenner Grenzkamm geben sollten. Auf ca. 1600 m Höhe erreichten wir die italienische Staatsgrenze, von wo aus wir aufgrund des Weges bis zum Kamm auf 2100 m schieben mussten. Der Grenzverlauf geht direkt über den Kamm, wobei 10 m unterhalb des Kamms auf italienischer Seite ein Schotterweg verläuft, der italienische Kasematten miteinander über 10 km verbindet. Gebaut wurden diese unter Mussolini, wohl aus Furcht vor etwaigen österreichischen Versuchen, Südtirol wieder zurückzuholen. Vom Brenner Grenzkamm hätten wir einen herrlichen weiten Blick in die Dolomiten gehabt – wenn wir nicht Nebel mit 20 m Sicht gehabt hätten. Erst bei der Abfahrt nach Gossensaß/Sterzing riss der Himmel auf und weckte die Hoffnung auf einen warmen Folgetag.

Der 3. Tag führte von Sterzing (Hotel Brenner/Autohof mit perfektem Preis-/Leistungsverhältnis!) das Eisacktal entlang bis Aicha/Franzensfeste. Von dort über einen kleinen Hügel ins Pustertal nach Mühlbach und einem knapp 1000 Höhenmeteranstieg zum Bannwaldweg auf der Rodenecker Alm. Zum Ende des Weges wartete ein wunderbar gelegener Gasthof Häusler in Ellen auf uns. Alkoholfreies Bier, Wurstsalat und ausgiebiges Sonnenbaden taten einfach nur gut. Über den Panoramaweg fuhren wir dann ab ins Gadertal und von dort nach St. Vigil, dem Eingangstor zum Fanes-/Sennes-Naturpark, einem Highlight der Dolomiten.

Für den nun folgenden Montag waren lediglich 38 km auf dem Programm, davon aber 37 km bergauf. Wegen der erwarteten Kurzetappe brachen wir erst gegen 9.30 Uhr auf, um uns mit Riegeln und Getränkepulvern im Ort zu versorgen. EPO gab es ja leider nicht; der eine oder andere hätte es sicher gerne genommen! Zunächst fuhren wir das Tamerschtal entlang aufwärts zur Pederühütte, dem letzten Parkplatz vor dem Naturpark. Anschließend in steilen Kehren auf grobem Schotter bis zur Faneshütte und dem ersehnten Mittagessen auf 2000 m. Am Limojoch erfolgte das obligatorische Gruppenphoto mit vielen ejotherm STR Trikots, um dann dem Fanestal nach Südosten zu folgen. Das Wetter wurde nun zunehmend schlechter. Erst setzte Regen ein, dann Gewitter und so machte die folgende Tragepassage über ca. 400 Hm keinen richtigen Spaß. Auf der Landstraße passierte es dann auf regennasser Straße: Hubert Strommer war zu dicht aufgefahren, musste bremsen und ausweichen und stürzt. Die Szenerie war düster. Er blutet am Kopf, ein Pulk von Automobilen mit Warnblinkanlagen, die Ambulanz wird gerufen. Nach 5 Minuten erscheinen die Carabinieri, die sich als sehr hilfreich erweisen. Über eine halbe Stunde später kommt die Ambulanz, die Hubert Strommer nach Bruneck ins Spital mitnimmt. Ihm ist klar, daß die Reise hier für ihn beendet ist und beim Rest der Truppe hellen sich die Mienen erst wieder auf als der erlösende Anruf kommt, daß außer einem kleinen Kugelknochenbruch an der Speiche nichts passiert ist. Da sitzen wir auf der Pralongiahütte im Zentrum der berühmtesten Dolomitengipfel, die rund um uns liegen, und trinken ein Bier auf sein Wohl. Tofanen, Civetta, Sella, Marmolada, Kreuzkofel – bis auf die Drei Zinnen ist alles in Blickweite.

Am 5. Tag sollte die Königsetappe kommen. 83 km und 2850 Hm standen auf dem Programm, wenn wir auf dem Weg zum Pordoijoch noch den Bindelweg mitnehmen wollten. Dieser Wanderweg führt direkt gegenüber der Marmolada, dem Dolomitengletscher, entlang auf das Pordoijoch. Mäßiges Wetter und Wolken bringen uns davon ab, was sich als Segen erweisen sollte. Also über die Passstrasse hoch zum Fuße des Piz Boe (Sella) und dann ins Fassatal hinab. Nach 25 km wollten wir dann bei Moena hoch zum Passo Lusia fahren. Wollten, weil der Berg so steil war, daß er zu 90 % geschoben wurde. Welch ein Frust, vor allem da die dahinterliegende Abfahrt in umgekehrter Richtung leicht zu nehmen gewesen wäre. Gegen 20.30 Uhr treffen wir in 2 Gruppen auf der Hütte ein, hungrig, durstig, verschwitzt und „platt“.

Der 6. Tag ist Wolfgang Bachs Geburtstag. Deshalb scheint auch die Sonne und wir haben nur 2 Auffahrten bei 3 Abfahrten. Zunächst geht es von der Hütte hinab zum Passo Rolle und von dort über die Straße nach San Martino die Castrozza, einem in Deutschland wenig bekannten Wintersportort. Am Ortsende kommt die erste kleinere Auffahrt über 500 Hm mit einer anschließenden 3 km langen Schiebepassage über kaum befahrbares Gelände. Anschließend ein Aufstieg über 1100 Höhenmeter zum Passo Cinque Croci. Erschöpft liegen wir auf der Wiese und genießen die Sonne. Nun geht es aber bergab. Eine Abfahrt über 21 km und 1500 Hm ins Val Sugana, wo uns erstmalig richtig warme Luft empfängt. Gefühlsmäßig sind wir endlich in Italien angekommen. Wir übernachten in Levico Terme in einem 4-Sterne-Hotel, wo 6 verschwitzte Mountainbiker die Hotelauffahrt nehmen und in den Cocktailempfang zu Feragusto platzen. Noch am Abend fällt die Entscheidung, den nächsten Tag auf den Höhen von Folgaria abzukürzen und dafür bis Riva weiterzufahren.
Vor Riva del Garda und Rovereto hat die Natur eine weitere Höhe gesetzt. Auf den Bergen um Folgaria stehen noch heute die Befestigungswerke der österreichisch-ungarischen Armee, die gegen die italienischen Forte auf der gegenüberliegenden Bergseite gerichtet waren. Die Nachschublinie der Soldaten, der sog. „Kaiserjägerweg“ zieht sich mit knapp 800 Hm steil ausgesetzt in Serpentinen hoch und zeigte uns auf, daß das Ende der Kräfte nicht mehr weit war. Nach der Besichtigung der Festung Gschwendt und dem Passo Somme ging es dann wieder fast 20 km ins Tal nach Rovereto und weiter über den Radweg nach Riva. Der Sprung in voller Radmontur in den Gardasee war der krönende Abschluß der EJOT Transalp Challenge, die über 530 km und knapp 14.000 Höhenmeter führte. Glückliche Gesichter überall, wohl weil es am nächsten Tag nicht wieder aufs Rad geht.

1 Kommentar:

Günter hat gesagt…

Tolle Leistung, nochmals Gratulation, auch für den gut gestylten Post.